Neuaufbau KS 50 517-20 Restaurations Doku


Die Ausgangslage

Tatsächlich war der Zustand schlimmer als das Foto vermuten läßt..

So, nachdem meine KS50 jetzt schon fast 7 Monate fertig ist, komme ich auch mal dazu ein bisschen was dazu aufzuschreiben. Seit 2003 hatte ich hauptsächlich aus Zeitmangel nur Teile gesammelt und sehr wenig restauriert oder geschraubt. Im letzten Sommer war es dann soweit, ich hatte endlich genügend Teile zusammen um mindestens eine KS50 aufzubauen. Bei manchen Teilen hatte es sehr lange gedauert sie aufzutreiben, auch da ich nicht bereit war schwindeleregende ebay Preise zu zahlen.
Als Zeitrahmen hatte ich mir 3 Wochen Sommerurlaub im Juli dafür eingeplant. Ursprünglich wollte ich mit einer 5,3 PS KS50 Sport Baujahr 1968 loslegen, für die ich inklusive Originalpapiere alles zusammen habe. Als ich mich mit dem 5,3 PS Motor beschäftigt habe, habe ich schnell gemerkt, dass das eine größere Sache ist, da es sich um die relativ seltene Kurzpleuelvariante mit Fächerzylinder handelt und hier die Überholung viel Zeit und Geld kostet. Nachdem ich mal kurz überschlagen habe, wieviel Zeit ich für die komplette Vorbehandlung und Lackierung aller Teile brauchen werde, war klar, dass es mit meinen 3 Wochen Urlaub knapp werden könnte. Ich habe mich dann entschlossen eine 517-20 aufzubauen die diesem Moped entspricht, das ich 2003 mal für 150 Euro als Ersatzteilspender in Bayern gekauft habe.

Felgen und Tank stellenweise durchgerostet, das Moped hatte 15 Jahre im Freien verbracht

 
So muss das gute Stück bei seiner Auslieferung 1972 ausgesehen haben
  

Für dieses Modell hatte ich einen passenden, vor nicht alzu langer Zeit überholten Motor und alle Teile im Regal. Ausserdem hat mir dieses Modell mit den Stummellenkern, dem hochgezogenen Cross-Auspuff und der schicken 70er Jahre Farbe "Arizone Gold Metallic" schon immer besonders gut gefallen. Nun hatte ich meine Wahl getroffen, jetzt konnte es losgehen...

Vorarbeiten
In den Jahren vorher hatte ich neben dem Teile Sammeln auch schon angefangen wichtige Komponenten zu überholen. Ich hatte für meine C50 Sport ein paar 150 mm Radnaben bei Zuntrade in Hengelo polieren und in neue Felgen einspeichen lassen und war damit sehr zufrieden, sehr gute Qualität zu einem prima Preis.













































 Ich habe gleich ein paar 150 mm Naben für zukünftige Projekte polieren und neu einspeichen lassen.


Tank Restaurierung
2006 habe ich zwei Tanks bei Tolenaar in Rotterdam ausbeulen und neu verchromen lassen. Auch hier war ich super zufrieden. Ich hatte zwar 10 Wochen auf die Tanks warten müssen, aber die Tanks waren wie neu. Danach ging es an die Innensanierung der Tanks. Hier musste nicht nur der Rost in den Tanks entfernt werden, sondern auch jahrzehnte alte Verkrustungen aus Zweitaktölresten, die sich kaum mit dem Meißel entfernen ließen. Im Zündappforum gab es den Tipp, einen Betomischer zu nehmen, den Tank mit Split oder alten Schrauben zu füllen und ihn einen Tag im Betonmischer zu drehen. Da ich keinen Betonmischer hatte, habe ich mir mit Hilfe von meinem Bruder Paul was gebastelt:


Ein Tag mit einem Pfund Spaxschrauben und die schlimmsten Verkrustungen im Tank waren weg

Nach der mechanischen Reinigung, ging es jetzt an die Innenbeschichtung. Hier habe ich mich für die Tanksiegelbeschichtung Kreem Weiß der Firma Ammon entschieden. Das war ein ganz schöner Aufwand. Zuerst kommt eine chemische Entrosterlösung in den Tank die eine Stunde bei 70 Grad Celsius gehalten werden muss, dass entspricht der Entrostung mit Zitronensäure, vermutlich handelt es sich sogar um Zitronensäure. Dann kommt nach dem Spülen mit Wasser eine chemische Entfettung, die auch ein Stunde bei 70 Grad im Tank bleiben muss, dann kommt die eigentliche Beschichtung rein, die ich mit dem Tankmischer dann gründlich in alle Ecken gleichmäßig verteilt habe.





















Die Ammon Tanksiegel Komponenten lassen sich mehrmals verwenden, so konnte ich einen Tank nach dem anderen mit derselben Flüssigkeit bearbeiten


Polieren
Ein weiterer Teil der Vorbereitung war das Polieren und Aufbereiten von Teilen, die nicht lackiert werden. Ich habe bei diesem Neuaufbau versucht wo immer möglich, Teile von dem Original Kleinkraftrad aufzubereiten. Das Alupolieren ging schneller und einfacher als erwartet. Die schönen Magura Armaturen des 517er Kleinkraftrades konnte ich ohne große Mühe polieren und zu gutem Aussehen verhelfen. Da Alu aber wieder schnell anläuft und ich den matten Look von Aluminium sehr mag, habe ich nicht bis zum chromähnlichen Glanz poliert. Bei mir darf Alu wie Alu aussehen und muss nicht chromglänzen. Da das Moped auch zum Fahren und nicht für das Wohnzimmer als Ausstellungstück gedacht war, macht das mit dem Hochglanz auch keinen Sinn, nach dem ersten Niesel ist es sowieso bald wieder matt.




Das war kurioserweise nicht der Abblendschalter der hier hin gehört, sondern ein Blinkschalter von der KS125






Den richtigen Schalter gab's neu beim BMW Händler. Ich hätte nicht gedacht die Armaturen wieder so gut hinzubekommen










Ein super Werkzeug zum Schleifen und Polieren. Dieser Bosch Geradeschleifer/Dauerläufer hat mir enorm beim Schleifen geholfen. Anders als Bohrmaschinen, nimmt der auch stundenlangen Einsatz nicht übel.

























Vor dem  Polieren kam das Reinigen von vielen großen und kleinen Teilen, große Teile reinige ich in Dieselöl
























Kleine Teile gehen besser mit Bremsenreiniger 


Rostschutz I
Rahmen und Schwinge hatte ein Bekannter von meinem Bruder gestrahlt. Was mich sehr gestört hat, war, dass man in der Schwinge aber den Rost hören konnte wenn man diese etwas geschüttelt hat. Wahrscheinlich würde es 50 Jahre dauern bis die Schwinge von innen durchrostet, aber allein der Gedanke dadrin Rost zu haben hat mich genervt. Also habe ich die Schwinge von innen und aussen mit Fertan Rostumwandler behandelt und anschließend mit Rostschutzlack von innen "tauchlackiert".

























Mit Schaumstoff, Folie und Kabelbindern alle Öffnungen verschlossen und dann randvoll mit Fertan befüllt

























Anschließend 24 Stunden einwirken lassen



Anschließend mit Wasser gespült und im Backofen getrocknet























Farben-Doc
In jungen Jahren, vor 20-25 Jahren, habe ich hauptsächlich an Autos geschraubt, die man heute wohl "Youngtimer" nennen würde. Dabei habe ich auch so 8-10 Fahrzeuge selbst mit Pistole und Kompressor lackiert. Ich war nie hundert Prozent zufrieden, aber für einen Laien war das schon ganz anständig damals.  Auf der Suche nach dem richtigen Lack, bin ich über das Zündapp Forum, auf den "Farben-Doc" Christian Schiessl gestoßen. Nicht nur kann er alle Zündappfarbtöne anmischen, er bietet auch eine sehr gute Beratung an. Da meine Lackiererfahrungen nun schon so lange her waren und ich mich nicht mehr genau an alles erinnern konnte, habe ich ihm an einem Samstagabend eine Mail mit ein paar Fragen zu Lackiervorbereitungen, Grundierung, Düsengröße, Spritzdruck, Trockenzeiten und Lackaufbau geschickt, Sonntagmorgen hat er mich schon zurückgerufen und mir am Telefon wertvolle Tipps gegeben. Dienstag hatte ich dann ein Paket in der Hand mit Lack, Klarlack, Grundierfiller, Schleifpapier und allem was ich brauchte zu einem fairen Preis.


Lackiervorbereitung


Tank Abkleben geht am Besten wenn man einen Originaltank als Muster oder eine Schablone hat


Alle zu lackierenden Teile, ausser dem Tank



Einige Teile ware sehr schnell mit 200er Papier geschliffen und fertig für die Grundierung




Diese Lampenkopfabdeckung hat mich fast in den Wahnsinn getrieben. Als Original sehr selten und praktisch nicht mehr aufzutreiben, habe ich in Holland bei Zuntrade dieses Nachbauteil gekauft. Die Qualität war aber so lausig, dass Benny, der Inhaber von Zuntrade, mir das Ding gar nicht verkaufen wollte. Ganz grobporig gegossen, viele Kanten und Ecken ganz schlecht ausgearbeitet.
Ich habe einen ganzen Tag immer wieder mit der Hand geschliffen und anschließen wieder Grundierfüller aufgetragen, der im Backofen in 15 Minuten hart ist. Ich habe das bestimmt mehr als 8 Mal wiederholt bis ich zufrieden war. Ein ganzer Arbeitstag für so ein kleines Teil!


Hier mal das Ergebnis vorweggenommen. Die Arbeit hat sich gelohnt: Die Abdeckung ist jetzt nicht schlechter als das Original.


Lackieren



Nachdem ich mit dem Grundieren mit Grundierfüller fertig war, habe ich mir für 10 Euro Materialkosten diese "Lackierkabine" gebaut. Da meine Werkstatt, ein ehemaliger Stall, recht staubig ist musste das unbedingt sein. Vor dem Lackieren habe ich mit einer Sprühflasche mit einem feinen Nebel Boden und Plasikwände befeuchtet um Reststaub zu binden. Um Sprühnebel abzusaugen habe ich in eine Ecke einen alten Ventilator eingebaut. Das hat auch alles ganz gut funktioniert. Das einzige Problem war, dass ich zu großzügig mit dem Lack war und für die Seitendeckel und ein paar Kleinteile erst Farbe beim Farben-Doc nachbestellen musste. Im Endeffekt bin ich aber mehr als zufrieden. Der Arbeitsaufwand war enorm, das würde ich höchstens einmal im Jahr machen, geht bei mir auch nur im Sommer, weil ich sonst die Halle gar nicht auf die zum Lackieren notwendigen 21 Grad Celsius bekomme. Hier zwei weitere Videos und ein paar Fotos als Beispiele:











Ich habe besonders darauf geachtet, auch die Rückseiten und verdeckten Stellen gründlich zu lackieren. Zündapp hat da werksseitig sehr geschlampt, ich habe viele Teile die heftig vom Alufraß befallen waren - auch Alu kann oxidieren!




Kickstarter- und Kupplungsdeckel habe ich dieses Mal nach dem Grundieren und Lackieren mit Felgensilber mit 2K Klarlack überzogen. Dazu hatte mir der Farben-Doc geraten, da ich schlechte Erfahrungen mit der Benzinfestigkeit von Felgensilber gemacht hatte. Grundsätzlich sind nur 2K Lacke, also Lacke die vor dem Auftragen aus Lack und Härter zusammen gemischt werden, benzinfest.


Endmontage
Jetzt konnte es endlich losgehen mit dem Teil des Projektes der den meisten Spaß bringt. Das Zusammenbauen von neuen, aufgearbeiteten und frisch lackierten Teilen...


Ein Motorhalter und der neue Hauptständer sind schon dran...



Für den Zusammenbau habe ich nur neue Niro Innensechskantschrauben verwendet. Die Puristen werden jetzt aufschreien, weil Imbusschrauben nicht original sind, aber ich stehe nunmal auf den Innensechskant und mein Ziel ist hier nicht auf Teufel komm raus den Auslieferungszustand wiederherzustellen, sondern ein Moped zu bauen wie es mir gefällt.


Neues Bremsgestänge, neuer Fußbremshebel und gereingte Fußbremshebelachse einbaubereit



Hinterradschwinge mit neuen Buchsen, O-Ringen, Abdeckscheiben und neuer Niroachse


Schwinge, Stoßdämpfer, Bremsgestänge, Motorhalter und Fußrasten eingebaut


Alles schön neu









Langsam sieht man was es wird!


Gabel und Vorderrad drin...





Ein echtes Naked Bike!!!


Rostschutz II


Ich habe die Schutzblechhalter von innen und alle Bereich die im Spritzwasserbereich liegen mit Konservierungswachs behandelt.


Wachsbefüllung der Schutzblechhalter


In Spritzwasser gefährdeten Bereichen habe ich alles gründlich mit Wachs behandelt



Eines der Teile die sich noch vom Original Kleinkraftrad retten ließen. Das Schutzblech war zum Glück nicht verbeult und strahlt nach gründlicher Reinigung und maschineller Politur wieder wie neu.


Rostfreie Karosseriescheiben und selbstsichernde Muttern aus V2A Edelstahl (Die gelblichen Verfärbungen kommen vom fast transparenten Konservierungswachs.)



Hinten kommt ein echtes Highlight meiner Teile-Sammelei zum Einsatz: Ein Original Neuteil aus dem Altbestand eines ehemaligen Zündapphändlers. Man kann noch sehen, dass das Niroschutzblech damals für 63,80 D-Mark beim Händler im Regal lag...


Motor, Luftfilter und Kette dran, langsam wird es ein Moped...


Schon mal Kennzeichen ranschrauben kommt immer gut ;-) Das Wunschkennzeichen hatte ich mir schon einige Monate vorher reserviert. (517 ist die Typenbezeichnung dieser KS Baureihe...)


Lampenkopf und Tank montiert


Neuer, selbstgefertigter Kabelbaum


Elektrik fertig und Sitzbank montiert!


Tank liniert, neue Embleme und neue Kniekissen aufgeklebt. Die Linierung habe ich mit Linierfolie vom Zündappdienst Leuchs gemacht, hat prima geklappt und ich mag es leiden.


Fertig - Das erste "Roll Out"
Endlich war es soweit, nachdem Kupplungs- Gas- und Bremsgriff und der neue 19er Bing Vergaser  montiert waren und ich noch etwas Stress bei der Montage vom Crossauspuff hatte, war es soweit: Die erste kurze Testfahrt! Was für ein tolles Gefühl nach all' der Plackerei! Jetzt gabe es noch ein paar Einstellarbeiten an Kupplung, Bremsen und Fernlicht, dann konnte der TÜV kommen...













Und morgen geht's zum TÜV!


Endlich auf der Straße
Der Termin beim TÜV Rheinland in  Bergheim verlief ganz ohne Probleme. Ich hatte mit dem Prüfingeneur, der auch der Niederlassungsleiter in Bergheim ist, schon im Vorfeld einige Dinge abgeklärt, ihm unter anderem einige Monate vorher den nackten Rahmen gezeigt, den ich verwendet habe. Als ich jetzt mit dem Ergebnis zurückkam waren er und seine Kollegen recht begeistert von meiner Arbeit. Das war der angenehmste TÜV  Besuch den ich je hatte...

Jetzt, sieben Monate später, hat meine KS50 schon 2.000 km mehr auf dem Tacho und mir schon jede Menge Spaß gemacht. In den nächsten Monaten will ich noch ein bis zwei Motorblöcke überholen und im Sommer dann vielleicht das nächste Projekt in Angriff nehmen. Vielleicht die 1968 KS50 Sport, eine 1973er Water Cooled oder vielleicht einer 1975er Cross ein wenig auf "Ratte" als Alltags-Bike, ein Moped das man auch mal irgendwo parken kann ohne ständig Schiss vor Kratzern zu haben ;-)....



Wunschkennzeichen jetzt mit TÜV Stempel.



10 Kommentare:

Belen hat gesagt…

Cool! Dein Blog ist sehr gut geworden :-)

Hauke hat gesagt…

Danke! Noch lange nicht fertig und noch lange nicht so gut wie Deiner...

Anonym hat gesagt…

Viel Arbeit , aber ein schönes Ergebnis ! Hoffentlich knattert sie auch so schön wie sie aussieht.
Immer ne Nase Zweitaktduft wünscht -
Sörupwichtel

Anonym hat gesagt…

Wow! Echt toller Blog. Was für eine Arbeit, allein schon die Seite zu gestalten, mal ganz abgesehen von dem wesentlichen Teil: die Restaurationsarbeiten an der KS50. Weiterhin viel Spaß beim Basteln und durch die Gegend knattern wünscht

der Sörupholzer

HD KS hat gesagt…

meine Hochachtung , schöner kam sie nicht vom Band

Anonym hat gesagt…

Eine Heidenarbeit! Bestens dokumentiert, tolle Photos und somit eine echte Inspiration. Danke für deine Mühe.
Meine hübsche 517er endete am Heck eines Linienbuses, nachdem ich sie verliehen hatte - zum Glück hatte der Pilot nur Kratzer abgekriegt. Schön zu sehen, daß es noch Leute gibt, die die Kisten auf der Straße halten.

Anonym hat gesagt…

ohman
das liegt alles noch vor mir nur das bei meinen 2 ks50 super der zustand noch schlechter ist.
aber die ist sehr schön geworden.
ich wünscht meine würd auch so aussehen.

Anonym hat gesagt…

echt ein hammer ergebnis
mich würd intressieren wo du den tank verchromen lassen hast und wie viel es gekostet hat danke

Anonym hat gesagt…

Super schönes ding BENEIDE dich!!! steckt viel arbeit, zeit & Liebe drin! und wo hast du die felgen her?? wenn ich die felgen in meiner Super sport hätte, dafür würde ich mein leben geben :)
vielleicht kann mir jemand die anschrift oder E-Mail von der firma, von der die felgen sind geben.. einfach an meine E-Mail adresse senden...
justsh33p97@web.de Danke

Passi hat gesagt…

Also ich habe mir das ganze jetzt auch angesehen und durchgelesen. Einfach Wahnsinn, vorallem wie gut du lackieren kannst fass ich nicht. Wirklich schön wenn man wieder ein altes Moped herrichtet. Einfach nur Top Arbeit und meinen Respekt hast du!